Es ist ein kleines Weihnachtswunder: Unser in Südthüringen einmaliges Zentrum zur Versorgung Frühstgeborener und kranker Neugeborener erhält eine Ausnahmegenehmigung zum Weiterbetrieb für das kommende Jahr.
Weiter sicher für die Allerkleinsten da: Perinatalzentrum Level 1 erhält Ausnahmegenehmigung
Es ist ein kleines Weihnachtswunder: Nachdem das Damoklesschwert der Schließung seit einigen Jahren über der Suhler Frühgeborenenstation schwebte, erhält das in Südthüringen einmalige Zentrum zur Versorgung Frühstgeborener und kranker Neugeborener eine Ausnahmegenehmigung zum Weiterbetrieb für das kommende Jahr. Die Freude im Klinikum ist groß, die Hausaufgaben sind es auch.
Am 17. Dezember kam der sehnlich erwartete Anruf aus dem Thüringer Gesundheitsministerium: Nachdem sich zuletzt die Landesärztekammer für den Erhalt des Spezialzentrums ausgesprochen hatte, hätten nun ebenfalls die Kostenträger einer Ausnahmegenehmigung für das kommende Jahr zugestimmt. Auch im nächsten Jahr darf das einmalige Perinatalzentrum Level 1 in Suhl weiterhin Frühgeborene unter dem Geburtsgewicht von 1.250 Gramm behandeln.
„Ich bin erleichtert, dass das Perinatalzentrum in Suhl im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen im Freistaat Thüringen zunächst weitergeführt werden kann. Durch die Schließung der bayrischen Level 1-Perinatalzentren in Schweinfurt und Coburg drohte zum 1. Januar 2025 bei zeitgleicher Schließung des Suhler Zentrums eine Unterversorgung in der Region Südwestthüringen. Nun können auch die Patientinnen aus dem nordfränkischen Raum im kommenden Jahr auf das Zentrum in Suhl zählen. Das bietet zugleich die Chance, dass im nächsten Jahr die vorgegebene Mindestmenge erreicht werden kann“, erklärt die Thüringer Gesundheitsministerin Katharina Schenk.
Seit 2024 muss ein Perinatalzentrum Level 1 25 Frühgeborene unter 1.250 Gramm im Jahr behandeln, um die gesetzlich vorgeschriebene Mindestmenge zu erfüllen. Anderenfalls droht der Entzug der Behandlungs-Erlaubnis. 23 extreme Frühgeborene waren es 2023, die in Suhl behandelt wurden. In 2024 allerdings erst zwölf, weshalb die Kostenträger eine „positive Prognose“ für das Zentrum versagt hatten. Der Weg über die Ausnahmegenehmigung war die einzige Möglichkeit, das Zentrum zu retten.
Chefarzt Dr. Sebastian Horn erklärt dazu: „Unser Zentrum kämpft mit schwankenden Geburtenzahlen, wie die allermeisten Zentren in Deutschland auch. Im Qualitätsvergleich – und einzig um die Qualität soll es bei der Mindestmenge gehen – ist unser Zentrum weiterhin sehr gut. Nachdem bereits unsere Coburger und Schweinfurter Nachbarn den Level-1-Status verloren haben, wird unser Zentrum für die Menschen südlich des Rennsteigs bis hinein nach Oberfranken noch viel wichtiger. Unsere Aufgabe ist es nun, uns noch besser zu vernetzten und unsere sehr gute Behandlungsqualität in der Region herauszustellen. Die Erlaubnis, weiterhin ein Level-1-Zentrum zu sein, bringt unserem herzlichen und engagierten Team die dafür nötige Ruhe und Sicherheit.“
Seit der Anhebung der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmenge kämpfte das Suhler Zentrum mit viel regionalem Rückenwind um seinen Fortbestand. Nicht nur hatten sich zahlreiche Kreistage und Stadträte per Beschluss für den Erhalt eingesetzt. Im Jahr 2022 wurde darüber hinaus eine Petition mit mehr als 13.000 Unterschriften an den zuständigen Ausschuss im Thüringer Landtag übergeben. Mit ihr forderten die Initiatorinnen und Initiatoren den dauerhaften Erhalt der Station – auch als wichtigen Versorgungsfaktor für junge Familien im ländlichen Raum.
Das Suhler Spezialzentrum blickt auf eine mehr als 60-jährige Geschichte zurück. Um werdende Eltern der Region ausreichend versorgen zu können, hatte das Team um Chefarzt Dr. Sebastian Horn aus eigener Kraft einen Neugeborenen-Notarzt-Dienst aus der Taufe gehoben, eine Frauenmilchbank gegründet und eine Musiktherapeutin zur Begleitung der Eltern angestellt. Besonderer Wert wird auf die entwicklungsorientierte und familienzentrierte Pflege gelegt. Im Jahr 2021 wurden in der Suhler Frühgeborenenstation Vierlinge zur Welt gebracht – ein Ereignis, seltener als ein Sechser im Lotto.
Hintergrund:
Perinatalzentren Level 1 behandeln Kinder unter 1.250 Gramm Geburtsgewicht. Zahlreiche Qualitätsvorgaben flankieren ein solches Spezialzentrum, etwa die vorhandene Technik, die Zahl der Ärztinnen und Ärzte sowie Fachpflegerinnen und -pfleger. Daneben hat der Gesetzgeber das Instrument der Mindestmenge als Qualitätsgarant ausgemacht. Bis zum Jahr 2021 waren es 14 Frühgeborene unter 1.250 Gramm, die in einem Perinatalzentrum Level 1 behandelt werden mussten. Seither stiegt die Mindestmenge schrittweise auf 25 ab 2024. Die Mechanik hinter der Anhebung ist umstritten. Erreicht ein Zentrum diese Mindestzahlen nicht, bleibt nur die Möglichkeit, einen Ausnahmeantrag an die zuständige Planungsbehörde zu stellen. Diese muss feststellen, dass die flächendeckende Versorgung bei Wegfall eines Zentrums gefährdet sein könnte. Über den Antrag muss die Planungsbehörde „das Einvernehmen“ mit den Kostenträgern herstellen. Nur auf diesem Weg kann eine Ausnahmegenehmigung erreicht werden. Bundesweit droht zahlreichen Level-1-Zentren die Schließung. Gegen die Anhebung der Mindestmenge wehren sich die betroffenen Zentren gemeinsam unter anderem mit einer Klage vor dem Bundessozialgericht.